Sayn oder nicht Sayn…

Die letzte Ausfahrt der Transalpfreunde Grenzland im Jahr 2020. Covid-19 macht Ausflüge in Deutschland immer schwieriger und wirft über alle Aktivitäten einen dunklen Schatten. Kann die letzte Tour im Jahr 2020 noch stattfinden? Die Statistiken des RKI sind uns scheinbar wohlgesonnen – also wird die wahrscheinlich letzte Gelegenheit vor dem Winter genutzt!

Gerd hat für diesen Samstag die Tourplanung übernommen. Es wird schon kalt und so gestaltet sich die Anfahrt zum Startpunkt der Tour in Königswinter etwas frostig. In „Sarah´s Konditorei & Café“ gibt es vorab ein schmackhaftes Frühstück. Mit so einer verfressenen Bande haben die so früh am Morgen gar nicht wirklich gerechnet! Lecker!
Obwohl wir uns beim Plündern des Frühstücks extra Zeit nehmen, will die Sonne einfach nicht so richtig herauskommen. Also werden die Schals richtig hoch gezogen, als wir uns auf die Mopeds schwingen und die Motoren starten.

Wir tingeln in gemütlicher Gangart am Rhein in südlicher Richtung entlang. Erstmal langsam in die Gänge kommen. Langsam… also ehrlich! Tourguide Gerd biegt immer so unvermittelt ab! „Blink doch mal, du Jeck!“ – „Selber Jeck! Fahr halt nicht so nah auf, dann siehst’e den Blinker auch!“ … Naja. Ist ja noch früh. Wird sich schon einrenken…
Irgendwann verlassen wir die schöne, aber fahrerisch uninteressante, Uferstraße in Richtung hügeligere Gefilde. Es fängt an zu laufen. Kurvige Sträßchen. Kleine Ortschaften. Rheinisches Schiefergebirge.

Kurve um Kurve geht es Richtung Sayn. Die kleine Ortschaft wird von einem alten Burggemäuer überragt. Etwas versteckt liegt die Zufahrt, ein Feldweg, den wir dann einfach bis in den Burghof hinauffahren.
Angekommen, müssen wir uns erstmal strecken und das Unterholz aufsuchen. Immer noch ganz schön schattig unterwegs. Ohne Griffheizung klamme Finger. Gerd hat sich mit seinem arg sommerlichen Dress deutlich verschätzt und wirft sich direkt noch in die Kanarien-Regenjacke. Niemand lacht. Jede Schicht zählt!
Das Thema „Blink doch mal!“ klärt sich auch auf der Burg: Der linke Blinker ist im Eimer! Unser Frontmann hat sich irgendwelche neuen Produkte ans alte Krad geschraubt. Fehlerdiagnose ist jetzt nicht mal eben gemacht. Also wird es ab sofort Handzeichen geben…

Die Aussicht ist schön hier oben. Der Hochnebel ist abgezogen und man kann ein wenig Fernsicht genießen. Beim Smalltalk stellen wir fest, dass die Gruppe heute wieder hervorragend fährt. Wirklich angenehm, fast schon unheimlich harmonisch. Kein Gemotze. Entspannte Stimmung. Top.

Nachdem die Knochen ausgeschüttelt sind, geht es weiter. Die klassische Stammtisch-Tour besteht in der Regel aus schönen Kurven, garniert mit Fresspausen! Nächster geplanter Halt ist also der Biker-Canyon in Seifen. Die Strecke windet sich traumhaft durch die Wälder. Im Sommer wahrscheinlich von Bikern überlaufen, heute sind wir eine Randgruppe. Laub auf der Straße und immer wieder feuchte Stellen lassen uns gedrosseltes Tempo fahren.

Kurz vor Seifen (ob’s vielleicht am Namen liegt?) haut sich dann Karen um Haaresbreite aufs Pflaster. Hinterrad weggeflutscht. Sie hat aber Glück und kann die Fure noch abfangen. Bei Schlussmann Josef kommt da prommt wieder sein altes Kreisverkehrstrauma durch. Der Flicken auf seiner Hose erinnert ihn jedes Mal an seinen dämlichen Ausrutscher vor ein paar Jahren… Die Traumabewältigung findet auf dem Parkplatz vor dem Biker-Canyon statt. Kurzes Technik-Ting. Scheint alles OK – bis auf den Reifendruck. Alles am Start. Pumpe anwerfen. Bringen wir die Dinger mal auf einen anständigen Luftdruck! Ehrlich gesagt: die Luftdruck-Assistenten der AT’s hätten den Motor wahrscheinlich gar nicht starten lassen, so wenig war da drin. Nochmal gut gegangen. Auf ins Lokal!

Ach ja… schon ganz verdrängt. Ist ja Corona! Der Tresen ist mit Plexiglas eingehaust, die Bedienung ist hinter der Schutzwand verbarrikadiert, die Heizung ist aus oder auf Sparflamme… Aber macht nix. Wieder kein Gemotze, keine Miesepeter-Kommentare. Finde ich gut!
Die Bestellung geht dann fix: Nehme ich ein Schnitzel oder doch ein Schnitzel? Jedes Gericht gibt es in den Größen S, M und L. Soviel sei vorab verraten: Größe S ist absolut Trucker-tauglich! Viele bestellen M – und haben wirklich zu kämpfen. Nachdem der letzte Fitzel mühselig gekaut ist, wanken wir schlurfend nach draußen. Das Bein über die Sitzbank zu wuchten, wird eine peinliche Anstrengung. Blick in die Runde. Luft holen. Kopfnicken. Sonnenblende runter. Gashahn wieder auf!

Die kurvige Straße macht Spaß. Kleine Ortschaften. Deutsches Mittelgebirge hat auch was. Nach 20 Minuten Fahrt ein kurzer Zwischenstopp in Peterslahr. Wollen doch mal schauen, ob die Steelbuddies zu Hause sind. Sind sie nicht. Dafür ein paar Nachbarn, die sich durch uns ein wenig angenervt fühlen. Wir sind wahrscheinlich die 132. Gruppe… Na gut. Verstanden. Sind schon wieder weg.

Schönes Wetter. Inzwischen sonnig, aber es bleibt kühl. Die Straßen werden allmählich wieder etwas gerader. Felder statt Wald. Gleichzeitig merken wir alle, dass die Sonne schon ganz schon niedrig steht. Zeit für einen Afternoon-Tea? Yeah! Gerd hatte das schon im Gefühl. In Blankenberg fallen wir im Panorama-Cafe ein. Eine hübsche Ortschaft mit Altstadt-Flair. Auf Grund von Corona müssen wir mit der Außenterrasse vorlieb nehmen. Schadet aber nicht. Es ist zwar kühl, aber die abendliche Sonne trägt wunderbar zur gemütlichen Stimmung bei. Außerdem gibt es trotz des Schnitzelwahnsinns noch ein paar Schlemmereien, die gekostet werden wollen. Frische Waffeln und Windbeutel – klar mit Sahne und allem Zipp und Zapp! Sehr lecker und damit ein guter Ausklang am Ende der Tour.
Die Gesichter auf dem Foto sprechen Bände: Ja. Alles total unvernünftig. Aber wir fahren ja auch Motorrad!

Wir beschließen noch gemeinsam die paar Kilometer zur Autobahn zu cruisen. Leider ist die Weiterfahrt durch eine weggebaggerte Auffahrt zum Dorf versperrt. Wie, versperrt? Liegen da Stämme quer über die Fahrbahn? Ist der Hang abgerutscht? Liegt da ein brennender Tanklastzug quer? Ein Passant spricht von aufgerissener Fahrbahn. Geröllig… Dann ist die Strecke doch frei! Gesagt getan. Für sowas haben wir die passenden Fahrzeuge…

An der Autobahnauffahrt wird noch einmal kollektiv getankt. Ein letztes obligatorisches Gruppenknuddeln – wer weiß, wann der nächste Stammtisch stattfinden kann – dann geht es im Dunkeln via Autobahn Richtung Heimat.

Schön war’s! Eine schöne Tour. Und die beste Truppe der Welt!
Ich freue mich schon auf das nächste Jahr.
Dann hoffentlich wieder Corona-frei! Bleibt gesund!

P.S.: Der HaJo musste abends doch glatt nochmal Spaghetti essen. Hat er auch gemacht… Harte Sau! 🙂